Genau genommen beginnt die ,,Frühjahrsmüdigkeit“ mit all ihren Erscheinungsformen schon in den ersten nasskalten Tagen des Novembers, die den bevorstehenden Winter ankündigen, dann, wenn die Abende länger werden und der Körper sich dem Rhythmus der Natur anpasst. Aber im Gegensatz zu den Pflanzen und den vielen Wildtieren, die sich nun zum ,,Winterschlaf’“ zurückziehen, ändert sich für den Menschen gar nichts. Er muss nach wie vor in der Früh zur Arbeit, muss sich dem täglichen Stress stellen und hat keine Zeit, auf die sich verändernden Stoffwechselabläufe seines Körpers zu achten oder gar darauf einzugehen.
Aber bevor man in Eigeninitiative etwas gegen diese ,,Wehwehchen“ unternimmt, sollte man zuerst Rücksprache mit seinem Arzt nehmen. Denn auch eine Selbstbehandlung von Bagatell-Beschwerden hat seine Grenzen, zumal manche ernste Erkrankung mit solchen beginnen kann. Lustlosigkeit, Antriebsschwäche, Müdigkeit, Depressionen und Kopfschmerzen können eine Vielzahl von Ursachen beinhalten. Bei Dauermüdigkeit wäre es zum Beispiel sinnvoll, herauszufinden, ob Blutdruck und Schilddrüsenfunktion normal sind.
Wird zum Beispiel vom Arzt Eisenmangel festgestellt, liegt die Störung auf der Hand, denn dieser löst zwangsläufig Müdigkeit, Antriebsschwäche und mangelnde Leistungsfähigkeit aus. Neben Eisen kann auch das Spurenelement Jod indirekt für Müdigkeit und Konzentrationsstörungen verantwortlich sein. Ist nicht genügend Jod in der Nahrung, kann es zu einer Unterfunktion der Schilddrüse kommen, die sich in solchen Symptomen äußert. Hier hilft oft schon jodiertes Speisesalz, eine wöchentliche Fischmahlzeit oder für Vegetarier Algentabletten. Ist geklärt, dass Depressionen und Kopfschmerzen durch Sauerstoff- und Bewegungsmangel, Überanstrengung oder Alltagsprobleme zu ,,Dauergästen“ werden oder dass ein niedriger Blutdruck an der eigenen Lethargie schuld ist, dann kann man getrost selbst etwas dagegen tun und diese Beschwerden mit einer Kneipp-Kur zuhause vertreiben.
Wasser ist nicht nur zum Waschen da…
Die Heilkraft des Wassers entdeckte Pfarrer Sebastian Kneipp (1821–1897) vor rund 150 Jahren nach dem Studium des Buches ,,Unterricht über die Kraft und Wirkung von frischem Wasser“, das der schlesische Arzt Dr. J. Siegmund Hahn geschrieben hatte. 1866 schrieb der „Wasserpfarrer“ selbst ein Buch: ,,Meine Wasserkur“ – noch heute die Grundlage für: die ,,Kneipp-Kur“, die auch von den Ärzten verschrieben wird. Im Dezember 2015 wurde das Kneippen von der Kulturministerkonferenz als Kulturform in das Bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Am 11. März 2016 erfolgte die Auszeichnung im Sinne des Übereinkommens zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes der UNESCO.
Eine Wasserbehandlung nach Kneipp besteht in einem aktiven Training der Blutgefäße und des ganzen Körpers, und so gelangt kaltes, warmes oder wechselwarmes Wasser in Form von Güssen, Wechselbädern, Teil- oder Vollbädern mit Kräuterzusätzen, kalten Waschungen, Wickeln und Packungen zur Anwendung.
Gekoppelt an diese Wasserbehandlungen sind Bewegungsübungen wie Laufen, Joggen, Spazierengehen, Radfahren und Gymnastik. Die Übungen sollten bei kleinen Anwendungen sofort, nach größeren etwa 3/4 bis 1 Stunde danach durchgeführt werden. Sportliche Betätigung sollte immer in gut gelüfteten Räumen oder direkt an der frischen Luft stattfinden.
Wichtig bei dieser Kur sind auch Kräutertees und eine naturbelassene Ernährung. Hierunter versteht man viel frisches Obst und Gemüse, Vollkornprodukte, Kartoffeln, Reis, fettarme Milchprodukte und Fisch und wenig bis gar kein Fleisch, keine Eier, kein Fett, keine Süßigkeiten und keine alkoholische Getränke. In fünf kleinen Mahlzeiten, über den Tag verteilt, verhindern Sie Leistungstiefs.
Zu beachten ist auch die tägliche Trinkmenge. Sie liegt bei zwei bis drei Liter Flüssigkeit pro Tag, die in Form von Mineralwasser, Obst-, Gemüsesäften oder Kräutertees zu trinken sind. Bei Schlaflosigkeit und nervöser Unruhe bieten sich Tee-Mischungen aus Melisse, Baldrian und Hopfen an, die es im Handel zu kaufen gibt. Morgens, mittags und abends sollte dieser Tee längere Zeit regelmäßig getrunken werden.
Was man zum Kneippen alles braucht…
Für die Anwendungen, die wir für Sie herausgesucht haben, brauchen Sie folgende Hilfsmittel:
große Badehandtücher, Duschkappe, Bademantel, Wasserthermometer, Massagebürste und natürlich Zeit, Geduld und Ruhe.
Beginnen Sie mit einem Wohlfühlwochenende.
Freuen Sie sich auf zwei Tage, die nur Ihnen alleine gehören. Gehen Sie den Morgen genüsslich an. Und das heißt: nach dem Aufwachen nicht gleich aus dem Bett springen! Genießen Sie bewusst die Zeit, die Sie nun für sich haben. Recken Sie sich erst mal so richtig im Bett, strecken Sie Arme und Beine, gähnen Sie nach Herzenslust. Und dann bringen Sie ganz langsam Ihren Kreislauf in Schwung.
Zuerst durch bewusste Auf- und Ab-Bewegungen der Füße im Liegen.
Ziehen Sie dann beide Beine an den Körper, umfassen Sie sie im Liegen mit beiden Händen, und atmen Sie bewusst gegen den Druck der Schenkel. Danach gönnen Sie sich eine kleine Pause.
Richtig in Schwung kommt der Kreislauf, wenn Sie nun die Beine zur Decke strecken, mit den Händen den Rücken abstützen und erst einmal ein paar Minuten ,,Radfahren.“
Wenn Sie danach aufstehen, öffnen Sie die Fenster. Atmen Sie tief ein und aus. Nun noch die Arme abwechselnd mehrmals nach oben und zur Seite strecken. Dann leicht damit vor- und rückwärts kreisen, die Schultern mit einbeziehen und den Oberkörper ausschütteln.
Danach geht es ins Bad, bzw. in die Badewanne zum Wassertreten. Achten Sie auf eine rutschfreie Unterlage und gegebenenfalls auf Haltegriffe! Die Wassertemperatur sollte zwischen 12 und 18 Grad liegen, und die Wasserhöhe bei etwa 3/4 der Wade sein. Je nach Verträglichkeit beträgt die Dauer 15-30 Sekunden. Bei jedem Schritt muss das Bein völlig aus dem Wasser herausgehoben werden. Nach Beendigung das Wasser mit der Hand abstreifen. Nicht abtrocknen! Anschließend trockene wollene Strümpfe anziehen und einige Minuten gehen oder laufen. Es sollte dann ein angenehmes Wärmegefühl eintreten. Diese Übung können Sie am Tag beliebig oft wiederholen.
Wer einen eigenen Garten mit Wiese hat und zu den Frühaufstehern gehört, der kann auch Tautreten: Mit nackten Füßen drei bis fünf Minuten im feuchten Gras. Auch dann wieder trockene wollene Strümpfe anziehen und einige Minuten schnell gehen, bis die Füße warm sind.
Mit Güssen und Waschungen allerdings sollte man zurückhaltend sein, denn hierzu gehört genaue Kenntnis. Was aber jedem Kreislauf gut tut, ist das tägliche Trockenbürsten.
Nehmen Sie hierzu eine Naturbürste. Massieren Sie Ihren Körper in kreisrunden Bewegungen jeweils von den Füßen und Händen in Richtung Herz. Das fördert die Durchblutung und ist gut gegen Stress.
Bei nervösen Erschöpfungszuständen helfen Kräuterbäder, die morgens oder besser noch abends genommen werden. Das Badewasser sollte eine Temperatur von 38 Grad Celsius haben. Als Badezusätze eignen sich z.B. Baldrian-, Melisse- oder ein Fichtennadel-Ölbad. Solche Badezusätze gibt es fertig zu kaufen. Wichtig ist, dass Sie nach jedem Bad 45 Minuten ruhen, um die während des Kräuterbades aufgenommenen Naturstoffe voll zur Wirkung kommen zu lassen. Länger als 15 bis 20 Minuten sollte kein Bad dauern.
Aber nicht nur Vollbäder wirken wahre Wunder. Auch regelmäßige Fuß- und Arm-Bäder sind zu empfehlen. Das einfachste ist wohl das warme Fußbad, das mit Kräuterzusatz bei einer Temperatur von 38 Grad Celsius genommen wird. (Dauer 10-12 Minuten). Zum Abschluss folgt ein kurzer kalter Abguss mit der Brause. Hierbei sollte aber der Brausekopf abgeschraubt werden.
Wer ein Wechselfußbad machen will, braucht zwei Wannen, wobei das Wasser der zweiten Wanne eine Temperatur zwischen 12 und 18 Grad Celsius hat. Zuerst werden die Beine bis über die Mitte der Wade ins warme Wasser drei bis fünf Minuten eingetaucht. Dann folgen zehn Sekunden im kalten Wasser, danach wieder drei bis fünf Minuten im warmen Wasser. Die Prozedur wird wiederholt. Anschließend das Wasser mit den Händen abstreifen und danach entweder ins warme Bett oder zehn Minuten Fußgymnastik, z.B. „Auf-der- Stelle-Laufen“, bis die Füße wohlig warm und trocken sind.
Das Wechselfußbad ist ein gutes Training für den Kreislauf. Das Armbad und das Wechselarmbad funktionieren genauso wie die beschriebenen Fußbäder. Auch ist noch zu bemerken, dass alle Bäder immer in einem warmen Raum und mit warmem Körper (man sollte nie ein Kältegefühl haben oder gar frieren) durchgeführt werden sollen.
Außer, dass Sie an einem solchen Wochenende für Ihr körperliches Wohl sorgen, tun Sie auch etwas für Ihren Geist und Ihre Seele. Entspannen Sie bei Ihrer Lieblingsmusik, bei Ihrem Hobby, bei einem guten Buch – oder träumen Sie einfach vor sich hin. Sie werden merken, dass solcher Müßiggang Balsam für die Wunden ist, die der Alltagsstress schlägt. Iris Schatz
Foto
Frau im Kneippbecken beim Wassertreten. Das Becken befindet sich in Kronberg am Taunus bei den Kronthaler Quellen.
Von –Peng 14:39, 16 July 2006 (UTC) – Eigenes Werk, CC BY 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=953401
Kneipp-Kur
Von [[user:]] – La bildo estas kopiita de pl:wikipedia:Grafika:Kneippkur.jpg. La originala priskribo estas:Kuracja metodą Księdza KneippaIlustracja pochodzi z de.wikipedia.org i udostępnił ją wikipedysta Summi.Ilustracja jest z publikacji wydanej w 1894 roku a książka nie posiada nr ISBNDrozdp 14:49, 3 wrz 2005 (CEST) – CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=629471
Textquellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Kneipp-Medizin#cite_note-4
Pressemitteilung der Kultusministerkonfernz
Pressemitteilung der Deutschen UNESCO-Kommission, abgerufen am 21. März 2016.